Forderungen

Forderungen

Umverteilung des Straßenraums

  • Umgestaltung von Straßenquerschnitten mit den Prioritäten bei der Platzverteilung: Fuß > Rad > ÖPNV > MIV > Parken für alle Bestandsstraßen („Querschnitte von außen nach innen planen“)
  • Durchgängige exklusive (oder maximal kurzzeitig mit Radverkehr geteilte) Busspuren auf allen Radialen und dem Ring
  • Fahrbahnbenutzung mit dem Fahrrad innerorts als Normalfall
  • Außerorts breite, baulich abgetrennte Radwege, getrennt von Gehwegen
  • Generelles Überholverbot für Kfz innerorts
  • Kontinuierliche Abschaffung von Parkmöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum, teils Umwandlung in Fahrradabstellplätze (möglichst häufig überdacht mit Gründach oder Photovoltaik), teils Entsiegelung und Begrünung
  • Wiederaufnahme des „3000 Fahrradabstellplätze pro Jahr“-Programms
  • Parallel dazu: städtisches Förderprogramm zur Entsiegelung von privaten Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (Garagen, Innenhöfe, Stellplätze im Vorgarten etc.)

Förderung von Rad- und Fußverkehr

  • Abschaffung der Radwegbenutzungspflicht
  • Beibehaltung bestehender Radwege als optionales Angebot für Kinder und unsichere Radfahrende an Straßen, die für Autoverkehr offenbleiben – mittelfristig jedoch nur wenn gleichzeitig genug Gehwegbreite möglich ist
  • Einrichtung eines zweiten „schnellen Radrings“ um die Altstadt, der die bereits heute überlastete Promenade entlastet und so hilft, ihre Funktion als Ort der Begegnung, des Spazierens und des Sports zu erhalten
  • Radschn‍‍‍‍‍‍‍‍‍‍ellwegstandard auf allen Velorouten, das heißt unter anderem: Direkte Führung entlang von Hauptstrecken, Mindestbreiten, Mindestreisegeschwindigkeit etc.
  • Bau weiterer ausreichend großer Fahrradparkhäuser am Hauptbahnhof, in der Innenstadt und weiteren Plätzen nach Bedarf
  • Niveaugleiche Querungen für Rad- und Fuß- und v.a. Rollstuhlverkehr an jeder Kreuzung/Querungsstelle
  • Anpassung der Ampelschaltzyklen an Radfahrgeschwindigkeit abhängig von der Art und Nutzung der Strecke – Grüne Welle auf Hauptstrecken und am Fahrrad- und Fußverkehr orientierte Räumzeiten für Kreuzungen
  • An größeren Kreuzungen Rundumgrün/Diagonalschaltung für Radverkehr
  • Abschaffung vorgezogener („freier“) Rechtsabbieger
  • Ersetzen von Ampelanlagen durch FGÜ („Zebrastreifen“) an allen geeigneten Kreuzungen/Querungen
  • Zu einer möglichen Bevorrechtigung der Promenade an den Kreuzungen gibt es im Bündnis keine einheitliche Position.

Ausbau des öffentlichen (Nah-)Verkehrssystems

  • Ausbau der Buslinien und Ergänzung (teilweise Ersatz) durch:
    • Auf Hauptachsen: schienenlose Straßenbahn („Metrobus“) mit dichtem Takt (5 min., Randzeiten 10 min.), weniger Haltestellen, eigenen Spuren
    • In den äußeren weniger dichten Stadtbereichen: Flexible on-demand Kleinbusse mit zahllosen virtuellen Haltestellen als Zubringer zu den nächsten Hauptachsen
  • Attraktivierung des Angebots durch:
    • Stark vergünstigte und vereinfachte Tarife im Stadtgebiet
    • Kostenlose Tickets für Menschen mit Anspruch auf Sozialhilfe, für Schüler*innen, Auszubildende und Menschen bis 18 Jahre, Menschen mit Behinderungen, die ihre aktive Mobilität einschränken (für letztere Personengruppe auch mit on-demand-ÖPNV bis vor die Haustür)
    • Regionalbusse und -Bahnen besonders stark vergünstigt anbieten (um MIV in regionalen Verkehren zu reduzieren)
    • Taktverdichtung im Regionalbus- und -Bahnverkehr
    • Einführung eines echten S-Bahn-Systems im Münsterland (mind. 20-Min. Takt)
    • Kostenlose Fahrradmitnahme in Randzeiten (zwischen 21 und 6 Uhr)
  • Verbesserung der Abwicklung des Busverkehrs durch:
    • Zwei weitere Busverkehrsknotenpunkte außer des Hbf
    • Einen überdachtem Busbahnhof mit Insel-Bussteigen für kürzere Wege bei Umstiegen auf einem autofreien Bahnhofsvorplatz
    • Durchgehende Vorrangschaltung für Busse mittels Kontaktstellen auf Busspuren (davon können auch Einsatzfahrzeuge profitieren)
  • Attraktivierung des Berufs „Busfahrer*in“ durch:
    • Bindung an Tarifvertrag Nahverkehr (TVN) der Stadtwerke auch bei Auftragsvergabe der Stadtwerke an andere Busunternehmen
    • Generell bessere Vergütung und flexiblere Arbeitszeiten

Reduktion und Beschränkung des motorisierten Individualverkehrs (MIV)

Je zentraler die Lage, desto zügiger ist es möglich, die Mobilität aller Einwohner*innen (fast) ohne Autoverkehr sicherzustellen. Zur Reduktion der CO2-Emissionen allerdings sind die regionalen Verkehre, die längere Strecken zurücklegen, entscheidend. Wenn wir in Innenstadt, äußeren
Stadtteilen und auf Strecken von und zum Umland parallel den Umbau des Verkehrssystems anpacken, kann der öffentliche Straßenraum kontinuierlich vom Autoverkehr befreit und der Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen erreicht werden.
Folgende beispielhafte Maßnahmen sind notwendig, um die Behinderung umweltfreundlicher Mobilität durch den Autoverkehr zu beenden und Autos nur noch für Zwecke attraktiv zu halten, bei denen stadt- und umweltverträglichere Verkehrsmittel ungeeignet sind:

  • Flächendeckend maximal 30 km/h innerorts, 60 km/h außerorts – mit begleitender Öffentlichkeitsarbeit und flächendeckenden, regelmäßigen Kontrollen
  • Sofortiger Stopp jeglicher Straßenausbauvorhaben
  • Jede Straßensanierung direkt mit Umverteilung des Straßenraums verbinden (siehe oben)
  • Nach Umverteilung zugunsten ÖPNV, Rad- und Fußverkehr verbleibender Straßenraum, der über einen Fahrstreifen pro Richtung für MIV hinausgeht, wird zurückgebaut, entsiegelt und begrünt
  • Regelmäßige Halte-/Lade-/Lieferzonen, deren Missbrauch konsequent geahndet wird
  • Reduktionsziele für die Gesamtfahrleistung in der Region festlegen (inkl. Monitoringverfahren und ggf. Nachsteuern zum Erreichen der Ziele)
  • Autodichte reduzieren bis 2030 auf max. 300, bis 2045 auf max. 150 Kfz/1000 EW (aktuell haben wir 537 Kfz/1000 Ew13) (inkl. Monitoringverfahren und ggf. Nachsteuern zum Erreichen der Ziele)
  • Aufbau von E-Auto-Infrastruktur wie beispielsweise Ladesäulen muss zulasten von bestehender Kfz-Infrastruktur gehen und nicht zulasten von Fuß- oder Radverkehr oder dem öffentlichen Verkehr.
  • Schrittweise Einführung der autoverkehrsfreien Innenstadt

Dem Bündnis ist bewusst, dass einige Maßnahmen – insbesondere in diesem Abschnitt – innerhalb der aktuellen bundesgesetzlichen Vorgaben nicht rechtssicher umsetzbar sind. Entscheidend ist daher, dass die Stadt Münster ihre Anstrengungen vervielfacht, gemeinsam mit anderen Kommunen Druck auf das Bundesverkehrsministerium zu machen, die notwendigen Handlungsspielräume eingeräumt zu bekommen.

Stadt- und regionalplanerische, langfristig wirksame Änderungen

  • Neue Quartiere als echte autofreie Quartiere planen: Das heißt, dass die Quartiere nicht – wie bisherige sogenannte autofreie Siedlungen häufig – nur innen autofrei sind, aber außen Parkplätze haben, sondern dass sie wirklich darauf ausgelegt sind, dass die dort lebenden Menschen kein privates Auto haben
  • Stellplatzsatzungen für Neu-/Umbau anpassen, sodass PKW-Stellplätze nur noch in besonderen Ausnahmefällen (bspw. Arztpraxen) vorgesehen sind
  • Versorgungsangebote und Arbeitsplätze bei Gewerbeansiedlungen stärker regional dezentralisieren (d.h. nicht nur in Münster, sondern in umliegenden Mittel- und Unterzentren) und prioritär an ÖPNV-Achsen ausrichten
  • Attraktivierung von Home-Office zur Vermeidung von Pendelverkehren
  • Keine Ausweisung neuer Siedlungsflächen an der Peripherie der Stadt

Güterverkehr und Parkhäuser

Der Güterverkehr in der Stadt hat inzwischen Ausmaße erreicht, die allzu oft die Mobilität anderer einschränkt. Der zu erwartende weitere Zuwachs des Online-Handels mit entsprechenden Paket-Zustellverkehren macht es notwendig, umzudenken. Nach schwedischem Vorbild sollten Haustürzustellungen nicht mehr die Standardlösung sein, sondern im Normalfall an Paketshops und Packstationen geliefert werden. Diese müssten sehr zahlreich sein, wären aber dadurch auch sehr nah an den Empfänger*innen.

Für die verbleibenden Haustürzustellungen, sowie für große Lieferungen oder gewerblichen Lieferverkehr können Elektro-Lastenräder verwendet werden und es bedarf Ladezonen in jeder Straße. Diese könnten auch etwa für Umzüge oder Handwerksfahrzeuge genutzt werden. So könnte auch bei Entfernung von Parkplätzen eine bessere Erreichbarkeit für die notwendigen Kfz-Anwendungsfälle ermöglicht werden, die aktuell oft lange suchen müssen oder beim Parken andere – schlimmstenfalls sogar Rettungsfahrzeuge – behindern.

In der Innenstadt kann die Belieferung gebündelt werden, indem Parkhäuser teilweise zu Lieferhubs umgestaltet werden. Hier werden große Lieferungen gesammelt, von denen aus die kleinteilige Zustellung an kleine und mittlere Einzelhandelsgeschäfte stadtverträglicher erfolgen kann. Parkhäuser sind Relikte der autogerechten Stadt, die eine kluge Nachnutzung brauchen. Neben der Nutzung als Lieferhub können etwa in den unteren Geschossen Fahrradparkplätze entstehen, Car-Sharing-Stationen darin untergebracht werden und auf dem oberen Deck bzw. dem Dach Urban Gardening betrieben werden.

Sofortmaßnahmen

Neben vielen hier aufgeführten Maßnahmen, die auch bei ambitionierter Arbeit von Rat und
Verwaltung einige Zeit brauchen, um umgesetzt zu werden, gibt es auch einiges, was
kurzfristig umgesetzt werden kann und dabei hilft, die Transformation des Verkehrssystems
ins Rollen zu bringen:

  • Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht in der gesamten Stadt inkl. Informationskampagne für Radfahrende und Autofahrende zu dieser Neuerung
  • Umwidmung von Kfz-Fahrstreifen auf mehrstreifigen Straßen in Bus- und/oder Radfahrstreifen
  • Erhöhung der Parkgebühren auf bereits bewirtschafteten Parkplätzen
  • Konsequente Durchsetzung der StVO bzgl. Parken und Halten auf Rad- und Gehwegen und in Kreuzungsbereichen
  • Moratorium aller straßenbaulichen Maßnahmen und Anpassung an neue Zielsetzung insbesondere zu Umverteilung des Straßenraums und Rückbau von Kapazitäten für MIV
  • Münster setzt sich im Städtetag und auf allen Ebenen dafür ein, das Straßenverkehrsgesetz, die Straßenverkehrsordnung und zugehörige Verwaltungsvorschriften dahingehend zu ändern, dass sie Gemeinden die Freiheit gibt, Beschränkungen und Verbote des MIV auf allen Straßen in ihrem Gebiet auch zum Zwecke von Verkehrsreduktion vorzunehmen
Forderungskatalog_VerkehrswendeMS
PDF-Dokument
370 kB
Herunterladen